Bisher war Amiens nicht durch den Fußball bekannt: Regelmäßigen Teilnehmern an Laternenumzügen zu Ehren des heiligen Martin dürften wissen, dass der römische Soldat vor den Toren dieser nordfranzösischen Stadt seinen Mantel mit einem frierenden Bettler teilte. Auch tobte unweit von Amiens an der Somme eine der verlustreichsten Schlachten des Ersten Weltkrieges.
Doch nun ist der Fußballklub der Stadt, der SC Amiens, zum ersten Mal in die Ligue 1 aufgestiegen. Und zu Saisonbeginn steht den Underdogs die wohl schwerste Aufgabe der Spielzeit bevor: das Gastspiel beim Starensemble von PSG. Erst einmal war es zuvor schon zu einem Duell dieser beiden Teams gekommen – anlässlich des Coupe-de-France-Halbfinales 2007/2008. Damals siegte PSG in Amiens mit 1:0
Alles Neymar oder was?
Bei Pokalsieger Paris dreht sich trotz des nahenden Ligaauftakts gegen Amiens fast alles um die Verpflichtung des brasilianischen Superstars Neymar. Dafür bezahlt PSG über seine katarischen Geldgeber eine Ausstiegsklausel in Höhe von 222 Millionen Euro an den FC Barcelona. Das ist mit Abstand die höchste Summe, die je für einen Fußballer bezahlt worden ist.
In Anbetracht des Wechsels scheint das Sportliche bei PSG derzeit fast in den Hintergrund zu treten. Dabei hat man im Supercup am Samstag gegen Meister AS Monaco gezeigt, wozu das Team auch ohne Neymar in der Lage ist: 2:1 hieß es am Ende für PSG. Allerdings ist vom jungen Wunderteam, das die Monegassen im vergangenen Jahr bis ins Halbfinale der Champions League geführt hatte, kaum noch etwas übrig. Viele Spieler wurden von finanzstärkeren Clubs abgeworben.
Trotzdem war der Sieg für PSG eine gelungene Generalprobe für den Liga-Auftakt. Vor allem Neuzugang Dani Alves zeigte eine starke Leistung, die er mit einem Freistoßtor krönte. Sein brasilianischer Landsmann und Verteidigerkollege Marquinhos war begeistert:
„Er macht es nicht nur gut, weil er Brasilianer ist. Er macht es gut, weil er ein sehr guter Spieler ist. Er kann den Unterschied machen. Er ist intelligent, er hat enorme Qualitäten, die dem Team guttun.“
Die beiden Deutschen bei PSG, Kevin Trapp und Julian Draxler, spielten dieses Mal noch nicht mit. Sie waren nach dem Sieg beim Confed-Cup erst vor kurzem wieder ins Training eingestiegen. Doch für das Spiel gegen Amiens sind beide eine Option.
Amiens mit riesiger Euphorie
Bei den Nordfranzosen ist die Vorfreude auf die erste Saison in der Ligue 1 riesengroß. Vor zwölf Monaten war man erst aus der dritten in die zweite Liga aufgestiegen, am letzten Spieltag schaffte man dann den Aufstieg in die höchste Spielklasse – in der sechsten Minute der Nachspielzeit: Bis dahin hatte es 1:1 gegen Reims gestanden. Das wäre zu wenig gewesen. Doch dann erzielte Emmanuel Bourgaud in letzter Sekunde das 2:1 und sorgte für Ekstase in Amiens.
Diese Euphorie wollen die Spieler aus Nordfrankreich mit in die Ligue 1 und das Spiel gegen PSG nehmen. Aber natürlich ist ihnen bewusst, dass sie krasser Außenseiter sind. Deshalb darf man einen eher defensiven ASC im Pariser Prinzenpark erwarten. Denn mit PSG mitspielen zu wollen, würde den Hauptstädtern in die Karten spielen.
Dass sie in Amiens Humor haben, bewiesen sie vor ein paar Tagen auf Twitter. Denn natürlich ist auch den Nordfranzosen bewusst, dass der Gegner vom Samstag mit Neymar noch wesentlich stärker als ohnehin schon ist. Deshalb postete man:
„Neymar. Man sieht, dass Du dich sehr gut amüsierst mit deinen Kumpels Messi und Suarez. Deshalb raten wir Dir, bis Ende August in Barcelona zu bleiben.“
Das hat nicht geklappt, da Neymar bereits jetzt bei PSG unterschrieben hat. Es gibt aber Hoffnung für Amiens: Ob Neymar gleich am Samstag spielen wird, ist nicht sicher.
Letzte fünf Pflichtspiele Paris:
2:1 gegen Monaco (Supercup)
1:1 gegen Caen (1. Liga)
5:0 bei St. Etienne (1. Liga)
5:0 gegen Bastia (1. Liga)
1:3 bei Nizza (1. Liga)
Bisher einziges Duell:
Amiens-Paris 0:1 (Pokal)
Letzte fünf Pflichtspiele Amiens:
2:1 bei Reims (2. Liga)
3:0 gegen Laval (2. Liga)
2:1 bei Sochaux (2. Liga)
2:1 gegen Ajaccio (2. Liga)
3:2 bei Brest (2. Liga)
Voraussichtliche Aufstellungen:
Paris: Trapp – Meunier, Thiago Silva, Marquinhos, Alves – Verratti, Motta, Rabiot – Draxler, Cavani, di Maria.
Amiens: Gurtner – Adenon, El Hajjam, Dibassy, Ielsch – Monconduit, Ndombele, Charrier, Bourgaud – Manzala, Kamara.
Mein Tipp:
Trotz der Euphorie des Aufsteigers ist PSG mindestens eine Nummer zu groß für Amiens. Die Hauptstädter lassen im heimischen Prinzenpark zum Saisonauftakt nichts anbrennen und siegen mit 3:0.