Frankreich gegen Marokko: Jetzt ist alles möglich

Frankreich gegen Marokko: Jetzt ist alles möglich

Das WM-Märchen von Marokko geht in die nächste Runde. Als erste afrikanische Nation sind die Löwen vom Atlas über das Achtelfinale bei einer Endrunde hinausgekommen. Nun stehen sie sogar im Halbfinale. Dort wartet Titelverteidiger Frankreich. Für Marokko scheint keine Hürde zu hoch zu sein. Muss jetzt auch der amtierende Champion die Segel streichen?

Die marokkanische Fußball-Nationalmannschaft versetzt derzeit einen ganzen Kontinent in Ekstase. Bereits die Gruppenphase bei der WM 2022 in Katar war mit Siegen über Belgien und Kanada sowie einem Unentschieden gegen Kroatien überragend. Als Gruppensieger zogen die Marokkaner in die K.o.-Runde ein. Dort schalteten sie zunächst die hochfavorisierten Spanier, anschließend die Portugiesen aus. Nur noch Frankreich trennt die Löwen vom Atlas vom nicht für möglich geglaubten Einzug ins Finale. Mittlerweile ist das Selbstvertrauen der Nordafrikaner so groß, dass man sich auch gegen den Titelverteidiger Chancen ausrechnet. Die Franzosen gaben sich in der K.o.-Runde bislang noch keine Blöße. Erst kegelten sie die Polen mit 3:1 aus dem Turnier. Dann gelang ein knapper 2:1-Erfolg gegen die starken Engländer. Für die Equipe zählt jetzt nur noch die Titelverteidigung. Da will man sich gegen einen Underdog wie Marokko natürlich nicht aufhalten lassen. Favoritensieg oder die nächste Sensation? Bald werden wir es wissen. Anstoß zum zweiten Halbfinale ist am Mittwoch um 20:00 Uhr im al-Bayt-Stadion in al-Chaur.

Frankreich – Marokko im TV oder Livestream

Zu sehen gibt es das Spiel live ab 20:00 Uhr im ZDF und bei Magenta Sport.

Frankreich hat den Druck

Wenn man als Titelverteidiger ins Halbfinale einzieht und dabei noch als großer Favorit gilt, ist es ganz klar, auf wessen Schultern der Druck lastet. Jeder erwartet einen Sieg der Franzosen. Das verdeutlicht schon der direkte Vergleich. Bisher haben die beiden Nationen zwar nur Freundschaftsspiele gegeneinander ausgetragen, die Franzosen blieben dabei in fünf Duellen jedoch ungeschlagen. Vier dieser Spiele haben sie gewonnen. Allerdings liegt das letzte Aufeinandertreffen schon 15 Jahre zurück. In Frankreich ist man guter Dinge, dass man diese Serie weiter ausbauen kann. Optimistisch stimmt dabei auch die Halbfinal-Statistik bei Weltmeisterschaften. 1958, 1982 und 1986 schied man jeweils in der Vorschlussrunde aus. Anschließend war man noch dreimal dabei und setzte sich immer durch. 1998 und 2018 resultierten daraus die beiden WM-Titel. Darüber hinaus hat man es 2006 in Deutschland bis ins Finale geschafft. Es wäre also das vierte erfolgreiche Halbfinale in Serie für die Equipe. Nun will man die erst dritte Nation überhaupt werden, die den Titel erfolgreich verteidigen kann. Bislang haben das nur die Italiener in den 30er Jahren sowie die Brasilianer 1958 und 1962 geschafft.

Damit es auch gegen Marokko klappt, muss die Offensive wieder so effektiv auftreten, wie das in den bisherigen Spielen der Fall war. Zumindest, wenn es um was ging. Das letzte Gruppenspiel gegen Tunesien (0:1) hat man abgeschenkt. Da war man ja schon durch. Trotzdem bemerkenswert, dass die Franzosen dadurch nun schon drei WM-Spiele in Folge gegen Nationen aus Afrika verloren haben. Ansonsten haben Les Bleus in jedem weiteren Spiel mindestens zwei Tore erzielt. Das war auch notwendig, denn Frankreich ist tatsächlich das letzte verbleibende Team im Turnier, das bei der Weltmeisterschaft noch nicht zu Null gespielt hat. Vorne richtig stark, hinten aber immer mal für ein Gegentor gut. In den letzten elf Länderspielen hielt Frankreich nur einmal seinen Kasten sauber. Mal abwarten, ob auch die Marokkaner ein Schlupfloch finden werden.

Fakten zum Spiel:

  • Frankreich ist gegen Marokko noch ungeschlagen (4 Siege, 1 Unentschieden).
  • Dafür hat Frankreich die letzten 3 WM-Spiele gegen Teams aus Afrika verloren.
  • Frankreich hielt in den letzten 11 Länderspielen nur 1 Mal seinen Kasten sauber.
  • Marokko hat in 4 der 5 WM-Spiele kein Gegentor zugelassen.
  • Marokko ist mittlerweile seit 12 Länderspielen ungeschlagen (9 Siege).

Marokko und der Traum vom Finale

Marokko erinnert ein wenig an Griechenland, als die Hellenen 2004 in Portugal sensationell Europameister wurden. Nicht schön anzusehen, Minimalismus, aber durchaus erfolgreich. So lässt sich das bisherige Auftreten der Afrikaner ganz gut umschreiben. 0:0 gegen Kroatien, 2:0 gegen Belgien, 2:1 gegen Kanada, 0:0 nach 90 Minuten gegen Spanien und 1:0 gegen Portugal. In nur einem Spiel der Marokkaner sind im laufenden Turnier mehr als zwei Tore gefallen. Reicht allerdings auch, wenn man hinten so gut wie nichts zulässt. Nur gegen Kanada musste Keeper Bono hinter sich greifen. Bezeichnenderweise durch ein Eigentor von Nayef Aguerd. Kein gegnerischer Spieler durfte bisher gegen Marokko jubeln. Auch gegen Frankreich wird man wieder viel leiden müssen. So viel sollte jetzt schon feststehen. Aber bisher hat man auch die offensivstarken Spanier oder die Portugiesen vom eigenen Kasten fernhalten können. Warum also nicht auch Frankreich?

Wie schwer die Löwen vom Atlas zu besiegen sind, zeigte sich schon vor der WM. Von den 20 Länderspielen im Jahr 2022 haben die Marokkaner nur eines nach 90 Minuten verloren. Das war ein Freundschaftsspiel im Juni gegen die USA (0:3). 13 dieser Spiele wurden gewonnen und in den letzten elf Spielen hat man nur zweimal ein Gegentor zugelassen. Man kann also fast behaupten, die Afrikaner stehen nicht unverdient im Halbfinale. Dabei hat man noch zwei Wochen vor Turnierbeginn den Trainer getauscht. Nun hat Walid Regragui mit den Marokkanern Geschichte geschrieben. Und diese soll am Mittwoch noch nicht zu Ende sein. Statistisch gesehen wäre sogar der WM-Titel möglich. Fünfmal bei einer WM ohne Gegentor blieben bislang nur die Italiener im Jahr 2006 und vier Jahre später die Spanier. Beide wurden am Ende Weltmeister.

Voraussichtliche Aufstellungen

Frankreich

Lloris

Koundé, Varane, Upamecano, T. Hernandez

Tchouameni

Griezmann, Rabiot

Dembelé, Giroud, Mbappé

Marokko

Bono

Hakimi, El Yamiq, Saiss, Mazraoui

Amrabat

Ounahi, Amallah

Ziyech, En-Nesyri, Boufal

Mein Tipp

Frankreich wäre gut beraten, die Marokkaner nicht zu unterschätzen. Werden sie auch nicht. Dazu ist der Titelverteidiger viel zu abgeklärt und meines Erachtens in der Offensive noch gefährlicher als Spanien und Portugal. Daher wird der Weg der Afrikaner auch am Mittwochabend in al-Chaur enden. Marokko wird Frankreich alles abverlangen, doch diesmal setzt sich die individuelle Klasse der Franzosen durch. Ich tippe auf ein 2:1 für den Weltmeister und 2-3 Tore im Spiel.

Weitere Beiträge