Das Worst-Case-Szenario beim VfL Wolfsburg ist tatsächlich noch eingetreten. Der Meister von 2009 ist wieder mit dem Ziel Europapokalplatz in die Saison gestartet. Stattdessen spielt man jetzt gegen das benachbarte Braunschweig in der Relegation um den Klassenerhalt. Was haben die beiden Klubs gemeinsam? Beide kommen aus Niedersachsen, würden gerne im kommenden Jahr in der Bundesliga spielen und werden von der Volkswagen AG gesponsert. Das wars dann aber auch schon. Die Unterschiede werden mit Blick auf den Kader mehr als deutlich. Der der Wolfsburger hat laut „transfermarkt.de“ einen Marktwert von 154 Millionen Euro. Der von Braunschweig nur 20 Millionen. Allein der zur Zeit verletzte Ricardo Rodriguez (17 Millionen) ist fast so viel wert wie das komplette Team der Eintracht.
Teamgeist gegen Einzelspieler
Sind die Fronten damit schon geklärt? Wenn Geld die Tore schießen würde bestimmt. Dann wären aber auch Manchester City oder United in diesem Jahr englischer Meister geworden. Ähnlich verhält es sich im Relegationsduell zur Bundesliga. Die Wolfsburger, denen oftmals ein Mentalitätsproblem nachgesagt wird, müssen in den zwei Spielen gegen die Eintracht endlich zeigen, dass sie auch eine Mannschaft sind. Mit Herz, Kampf und Leidenschaft. Eben alles das dazugehört. Das sah man in der abgelaufenen Saison nur zu selten.
Ganz anders bei den Braunschweigern. Mit bescheidenen Mitteln ließen sie bis zur Winterpause sogar die Absteiger aus Stuttgart und Hannover hinter sich. Am Ende fehlten nur zwei Punkte zur direkten Rückkehr ins Oberhaus. Diese wollen sie nun über die Relegation nachholen und mit dem Aufstieg eine starke Saison „krönen“, wie Kapitän Ken Reichel erklärte.
Braunschweig klarer Außenseiter?
Trainer Torsten Lieberknecht muss aber immer noch zweimal hinschauen, wenn er den Namen des kommenden Gegners liest. „Das ist ein Kräftevergleich, der eigentlich im Bereich des Unmöglichen zu liegen scheint. Wir sind der Underdog“, sagte er mit Blick auf das Duell mit den Wölfen.
Unmöglich ist der Aufstieg für die Braunschweiger aber ganz bestimmt nicht. Anders als in Wolfsburg besitzt die Mannschaft einen ausgezeichneten Teamgeist, „der ist sehr ausgeprägt“, wie Lieberknecht mit einer Spitze gegen den kommenden Gegner betonte. Damit will man auch die Wolfsburger ärgern. Wie schon in der Saison 2013/14, als die Braunschweiger zwar abgestiegen sind, aber gegen den VfL nicht verloren haben. In Wolfsburg reichte es sogar zu einem 2:0-Erfolg. Auswärts zu einem 1:1. Sollte sich das wiederholen, wäre die Eintracht in der kommenden Saison wieder erstklassig.
Personell kann Lieberknecht fast auf den kompletten Kader zurückgreifen. Nur die Langzeitverletzten Marcel Correia und Phil Ofosu-Ayeh werden in der Relegation nicht dabei sein. Bei Wolfsburg fehlen die verletzten Sebastian Jung, Riechedly Bazoer und Jakub Blaszczykowski. Hinter dem Einsatz von Ricardo Rodriguez steht noch ein Fragezeichen. Trotzdem ist die Zielsetzung beim VfL klar. Mit einem Heimsieg will man den Grundstein zum Klassenerhalt legen. Die ODDSET-Quote dazu beläuft sich auf 1,45.
Geld macht Wolfsburg nicht glücklich
Dass es aber überhaupt so weit kommen musste, hat sich der VfL ganz alleine selbst zuzuschreiben. „Wir haben es als Mannschaft nicht geschafft und jetzt das bekommen, was wir verdient haben – eine Extrarunde“, sagte Torjäger Mario Gomez. Dabei wurden für Spieler wie Gomez, Paul-Georges Ntep, Yunus Malli, Josuha Guilavogui, Riechedly Bazoer und Yannick Gerhardt rund 97 Millionen Euro ausgegeben. Gebracht hat es nichts.
Trainer Andries Jonker appellierte daher an die Einstellung seiner Profis. Das Potential in der Mannschaft sei ja zweifelsohne vorhanden. „Wenn wir das verbinden mit Kampfgeist, sind wir einer der besten Bundesligisten“, so der Niederländer. Da spielt auch die starke Saison der Braunschweiger keine Rolle: „Es ist mir egal, wer der Gegner ist. Ich bin komplett überzeugt, dass wir das schaffen.“
Dafür haben die Wolfsburger sogar ein Trainingslager an der deutsch-niederländischen Grenze bezogen. Das soll vom enttäuschenden Saisonfinale gegen Hamburg (1:2) ablenken und neue Kräfte freisetzen. Die braucht man gegen das kleine Braunschweig auch dringend. Ansonsten kickt man nicht mehr wie in den vergangenen Jahren gegen Bayern München oder Real Madrid, sondern gegen Sandhausen, Aue und Bielefeld.
Wolfsburg muss nun endlich sein wahres Gesicht zeigen und keinen Zweifel an seiner Favoritenrolle aufkommen lassen. Sportdirektor Olaf Rebbe hat das Vertrauen in seine Spieler noch nicht verloren. „Mit Verlaub, wir sind der Erstligist“, betonte der 39-Jährige: „Wir bleiben erstklassig. Dazu stehe ich nach wie vor.“ Er selbst steht gegen die Eintracht aber auch nicht auf dem Platz. Sollte es doch zum Abstieg kommen, muss sich die Mannschaft völlig neu aufstellen. Spieler wie Gomez sind in der 2.Liga kaum zu halten. Es wird wohl ein Ausverkauf in Wolfsburg stattfinden. Das nächste große Problem beim einstigen Meister.
Statistiken:
Die letzten 5 Spiele:
Wolfsburg:
N 1:2 Hamburg
U 1:1 Mönchengladbach
S 2:0 Frankfurt
N 0:6 FC Bayern
N 0:1 Hertha BSC
Braunschweig:
S 2:1 Karlsruhe
N 0:6 Bielefeld
S 3:1 Union Berlin
S 1:0 1860 München
S 2:0 VfL Bochum
Der direkte Vergleich:
3 Siege Wolfsburg, 1 Unentschieden, 1 Sieg Braunschweig
Wett-Tipps – Hättest Du’s gewusst?
- Torsten Lieberknecht holte als Trainer gegen Wolfsburg 1 Sieg und 1 Remis mit der Eintracht (2013/14 in der Bundesliga) und trat als Spieler mit Mannheim und Mainz in der 2. Liga 4-mal gegen den VfL an – alle 4 Partien endeten unentschieden.
- Die aktuelle Form zum Saisonende konnte sich bei der Eintracht sehen lassen, 4 der letzten 5 Partien wurden gewonnen – Ausnahme war die 0-6-Schlappe am 33. Spieltag in Bielefeld.
- Wolfsburg erzielte in der abgelaufenen BL-Saison nur 15 Heimtore, das ist nicht nur Vereinsnegativrekord, sondern stellte auch den Tiefstwert in dieser Saison dar.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Wolfsburg: Casteels – Vieirinha, Knoche, Luiz Gustavo, Gerhardt – Guilavogui, Arnold – Didavi, Malli, Ntep – Gomez
Braunschweig: Fejzic – Sauer, Decarli, Valsvik, Reichel – Moll, Boland – Hochscheidt, Hernandez – Kumbela, Nyman
Mein Tipp:
Im Hinspiel in Wolfsburg wird den Gastgebern die Verunsicherung vom Saisonfinale noch anzumerken sein. Braunschweig hingegen kann befreit aufspielen und wird sich nicht vor den großen Namen verstecken. Zum Sieg wird es für die Eintracht zwar nicht ganz reichen, mit einem 1:1 können sie die Rückkehr in die Bundesliga im Rückspiel aber doch noch klarmachen. Die Quote für ein 1:1: 5,75. Beide Mannschaften treffen: 1,90.