Am Freitag geht es für die größte Turnierüberraschung aus Marokko um den erstmaligen Einzug ins Halbfinale einer Weltmeisterschaft. Die Löwen vom Atlas haben sich nicht nur sensationell zum Gruppensieger vor Kroatien und Belgien gemacht, sondern auch die hochgejubelten Spanier im Achtelfinale ausgeschaltet. Wer soll Marokko jetzt noch aufhalten? Ein Land euphorisiert einen ganzen Kontinent. Im Viertelfinale versuchen die Portugiesen, den Lauf der Marokkaner zu beenden. Die Selecao aus Südeuropa konnte im bisherigen Turnierverlauf ebenfalls überzeugen. Mit dem 6:1 gegen die Schweiz feierten sie sogar ihren bislang höchsten Sieg in der K.o.-Phase einer Endrunde. Gegen Marokko soll die nächste Gala folgen. Allerdings hat man mit den Afrikanern nicht nur gute Erfahrungen gemacht. 1986 in Mexiko hat man das erste Länderspielduell in der Gruppenphase verloren. Die späte Revanche folgte erst 2018 in Russland durch ein knappes 1:0. Nun also das dritte Duell. Anstoß ist um 16:00 Uhr im al-Thumama-Stadion in Doha.
Marokko - Portugal im TV oder Livestream
Zu sehen gibt es das Spiel live ab 16:00 Uhr im ZDF und bei Magenta Sport.
Marokko bereit für die nächste Sensation
Für Marokko bedeutet der Einzug ins Viertelfinale den bislang größten Erfolg bei einer Weltmeisterschaft. Und wer hätte ihnen das zugetraut? Schließlich warteten schon in der Gruppenphase mit Kroatien und Belgien zwei hochkarätige Gegner. Die Marokkaner ließen sich davon nicht nervös machen. Auf das 0:0 gegen die Kroaten folgte ein ganz wichtiges 2:0 gegen Belgien. So hatte man am letzten Spieltag gegen Kanada alles selbst in der Hand und auch diese Hürde wurde durch ein 2:1 mit Bravour genommen. Anschließend warteten die Spanier, die anscheinend unbedingt gegen Marokko ran wollten und so noch den Gruppensieg aus der Hand gaben. Gebracht hat es nichts. Die Afrikaner zeigten erneut eine hochkonzentrierte Leistung und gewannen vom Punkt mit 3:0. Marokko ist damit neben Kroatien, England und den Niederlanden das letzte ungeschlagene Team im Wettbewerb. Und wenn man schon mal im Viertelfinale steht, warum sollte man dann nicht auch an einen Coup gegen Portugal glauben?
Damit würde Marokko weiter Geschichte schreiben. Die Löwen vom Atlas sind erst die vierte afrikanische Nation, die es in ein WM-Viertelfinale geschafft hat. Im Halbfinale stand noch nie ein Team aus Afrika. Jetzt drückt ein ganzer Kontinent die Daumen. Die Defensive gilt dabei wieder als großer Trumpf der Marokkaner. Bisher hat es noch kein Spieler eines gegnerischen Teams geschafft, Bono im Kasten der Löwen zu bezwingen. Die Spanier konnten den Schlussmann nicht einmal im Elfmeterschießen überwinden. Auch kein kroatischer oder belgischer Profi konnte sich gegen Marokko in die Torschützenliste eintragen. Das einzige Gegentor kassierte Bono beim 2:1 gegen Kanada durch ein Eigentor von Naif Aguerd. Schlägt die Offensive dann wieder so gnadenlos zu wie in der Gruppenphase, dann ist auch gegen Portugal was drin. Aus zehn Torschüssen machten die Afrikaner vier Tore. Da hätten sich die Deutschen mal ein Beispiel dran nehmen können. Marokko ist unglaublich effektiv und nutzt die wenigen sich bietenden Chancen. Ein, zwei davon wird man auch gegen Portugal bekommen. Die nächste Sensation wäre zumindest nicht ausgeschlossen.
Fakten zum Spiel:
- Marokko blieb in 3 der 4 WM-Spiele ohne Gegentor.
- Marokko ist eine der letzten 4 ungeschlagenen Mannschaften im Turnier (neben England, Niederlande und Kroatien).
- Marokko hat keines seiner letzten 11 Länderspiele verloren (8 Siege, 3 Unentschieden).
- Portugal hat erst 3 von 26 Spielen gegen Teams aus Afrika verloren (18 Siege).
- Portugal hat in seinen letzten 14 Spielen nur 1 Mal unentschieden gespielt (9 Siege, 3 Niederlagen).
Portugal mittlerweile ein starkes Kollektiv
Die Portugiesen haben sich schon nach zwei Spieltagen vorzeitig für das Achtelfinale der WM qualifiziert. Durch das 3:2 gegen Ghana und das 2:0 über Uruguay konnte man sich zum Abschluss sogar die 1:2-Niederlage gegen Südkorea erlauben. Kräfte schonen war die Devise und das hat sich im Achtelfinale gegen die Schweiz mehr als ausgezahlt. Portugal schoss die Eidgenossen mit 6:1 vom Platz und feierte damit den zweithöchsten WM-Erfolg seiner Verbandsgeschichte. Dabei überraschte Trainer Fernando Santos mit der Entscheidung, Superstar Cristiano Ronaldo auf der Bank zu lassen, was sich am Ende als genialer Schachzug herausstellte. Goncalo Ramos erhielt den Vorzug und der Angreifer von Benfica dankte es seinem Coach mit drei Toren. CR7 ist nicht mehr unentbehrlich und ohne den 37-Jährigen scheint Portugal zumindest nicht schlechter zu sein. Das zeigt sich an den starken Leistungen bei dieser WM. Die Selecao ist die Tormaschine der Endrunde und bei zwölf Treffern gab es acht verschiedene Torschützen. Es geht auch ohne Ronaldo, wenn man als Einheit auftritt und füreinander kämpft.
Dieses neue Wir-Gefühl wollen die Portugiesen nun auch wieder gegen Marokko zeigen. Ronaldo könnte dabei sein, doch der Superstar hat seinen Bankplatz zuletzt zum Wohle der Mannschaft akzeptiert. Muss man ihm auch mal anrechnen. Santos wird sich schon was dabei gedacht haben, schließlich hat CR7 bislang noch nie bei einem WM-K.o.-Spiel getroffen. Statistisch gesehen hat er dafür noch mindestens zwei Spiele Zeit, denn im Viertelfinale sind die Portugiesen bislang noch nie ausgeschieden. 1966 in England konnten sie sich in dieser Runde mit 5:3 gegen Nordkorea behaupten, 2006 in Deutschland im Elfmeterschießen gegen England. Im dritten Anlauf soll es jetzt zum dritten Mal klappen. Portugal hat bislang 18 seiner 26 Spiele gegen afrikanische Nationen gewonnen und nur drei verloren. Das klingt vielversprechend. Die Portugiesen sind nicht nur deshalb der klare Favorit. Nur unterschätzen sollten sie Marokko nicht. Ansonsten könnte der Traum vom ersten WM-Titel der Verbandsgeschichte schnell wieder vorbei sein.
Voraussichtliche Aufstellungen
Marokko
Bono
Hakimi, Aguerd, Saiss, Mazraoui
Ounahi, Amrabat, Amallah
Boufal, En-Nesyri, Ziyech
Portugal
Costa
Dalot, Pepe, Ruben Dias, Guerreiro
Otaivo, Carvalho, Silva
Joao Felix, Goncalo Ramos, Bruno Fernandes