Die Paarung Berlin gegen Ludwigsburg für das easyCredit BBL-Finale 2020 zeichnete sich zum Ende der Gruppenphase ab. Die Barockstädter machten es den Berlinern so schwer, wie kein anderes Team. Die Partie wurde als Werbung für den Basketball angesehen und viele Experten prognostizierten, dass die beiden Teams sich erneut treffen. Im Finale sind die Rollen auf dem Papier klar verteilt. ALBA ist Favorit, Ludwigsburg Außenseiter.
Live by the Three, Win by the Three
ALBA Berlins Kontinuität als Organisation und auf dem Parkett ist der Nährboden für den Einzug ins easyCredit BBL-Finale 2020. Hinter dieser Meisterschaft wird ewig ein Sternchen stehen, denn sie kam während einer Pandemie zustande, die viele Unwägbarkeiten und neue Situationen mitbrachte. Hätte Bayern den Titel verteidigen können, wären die Ausfälle nicht so schwerwiegend gewesen? Der Sommer wird diese Diskussion bringen.
Nicht wegzureden ist hingegen die harte Arbeit und die Teamchemie, die zum Finaleinzug der Albatrosse geführt hat. Der Trainer, die Spieler und der Apparat dahinter haben ineinander gegriffen. In Zeiten der Unsicherheit war der Klub ein sicherer Hafen, in denen auch die internationalen Spieler gerne zurückkehrten, um dieses Turnier zu absolvieren.
Die Eingespieltheit und die wenigen Ausfälle haben ALBA Berlin den entscheidenden Vorteil verpasst. ALBA ist Normalität in dieser verrückten Zeit. Wer sich die Spiele anschaut, sieht weiterhin die Handschrift des Trainers – Spielwitz und Spielfreude, Tempo, viele Punkte und viele Dreier. In den vergangenen Jahren scheiterte dieser Stil am schieren Talent der Bayern und deren Fähigkeit, in entscheidenden Situationen auch mal was auf eigene Faust zu machen. An dieser Ego-Mentalität fehlte es stets im Team von Aito Garcia Reneses.
Ob sie gegen Ludwigsburg ebenfalls notwendig ist, bleibt abzuwarten. Statistisch dominierte ALBA dieses Turniers, konnte aus der Distanz von niemandem gestoppt werden (Platz eins in den Punkten und den gemachten Dreiern) und dominierte als bestes Team den Rebound. ALBA gewann seine Spiele mit im Schnitt knapp 17 Punkten Vorsprung. Diese Zahlen machen Berlin zum klaren Favoriten .
Die zweite (einzige) Chance
Den MHP Riesen Ludwigsburg zu attestieren, sie hätten es nur aufgrund der bereits genannten, widrigen Umstände ins easyCredit BBL-Finale 2020 geschafft, wäre unfair. Und nicht korrekt. Ludwigsburg war bis zum Ausbruch der Pandemie Zweitplatzierter der Bundesliga und spielte eine hervorragende Saison. Der runderneuerte Kader – eine Tradition in Ludwigsburg, funktionierte und gab dem Trainer John Patrick ein Team an die Hand, das auf ihn hört und seinen Spielstil umsetzt.
Dieser ist so ganz anders, als der seines Gegenübers. Während Berlins Aito für Freiraum, Lockerheit und offensive Freude bekannt ist, schickt Patrick seine Spieler gern dahin hin, wo es weh tut. Aggressive Defense, körperliches Spiel und auch viel Eins-gegen-Eins.
Ludwigsburg rangierte auf dem letzten Platz bei den Assists in diesem Turnier (13.8). Zum Vergleich: Berlin steht auf eins mit 21.1 Vorlagen. Das Team fand eine andere Formel für den Erfolg. Eine, die die Handschrift des Trainers perfekt resümiert. Platz eins bei den Offensiv-Rebounds, die wenigsten Ballverluste und die zweitmeisten Steals.
Ludwigsburg generiert Punkte aus zweiten Chancen, macht es dem Gegner schwer, selbst zu Punkten zu kommen und liefert in den entscheidenden Momenten dank zahlreicher Individualkönner. An dieser Stelle wurde vor knapp zwei Wochen prognostiziert, dass sich die MHP Riesen gegen den FC Bayern durchsetzen würden. Machten sie auch.
Ludwigsburg beweist Nervenstärke und kann in engen Spielen produzieren. Mit dieser Einstellung wird in die Serie gegen ALBA gegangen und sie ist, offen gesagt, auch die beste Chance auf einen Sieg. Eine Chance, die so schnell wohl nicht wiederkommen wird.
Mein Tipp
Die MHP Riesen Ludwigsburg wuchsen über sich heraus, sind selbst eine eingeschworene Einheit und brillieren mit effektivem, beinhartem Basketball. Der Fokus wird in der Defense gegen Berlins Dreier liegen – was allerdings ein neues Problem mit sich bringt. ALBA ist auch unter dem Korb irre stark. John Patrick wird seinen Spielern zudem einhämmern, den Gegner durch Härte und fies sein aus dem Rhythmus zu bringen. Schafft Ludwigsburg das und kann auf der anderen Seite eventuelle Stärken im Eins-gegen-Eins nutzen, wird es ein enge Serie. Da brilliert der Underdog dann wieder .
So sehr, dass es zur Überraschung reicht? Schwer vorstellbar. Ich tippe auf den Sieg von ALBA Berlin im Hinspiel. Das Handicap von -8,5 ist allerdings heftig, Mutige könnten auf Ludwigsburg im Handicap springen . Dies ist keine reine Playoff-Serie, sondern ein Hin- und Rückspiel. Die Punktedifferenz spielt eine Rolle.
Als Meister tippe ich ebenfalls auf die Albatrosse .